Daten aller Art sind der Rohstoff eines Industriezweigs, der gigantisch wächst. Standortdaten, Nutzervorlieben, Daten aus Verhalten, biometrische Informationen – alles wird gesammelt, verknüpft, aufbereitet und in Anwendungen, Produkte und Apps ausgespielt. Zu besichtigen gab es das Mitte September bei der dmexco in Köln, der „größten und hochkarätigsten Messe der globalen Digitalwirtschaft“ (Eigenwerbung), veranstaltet vom Bundesverband Digitale Wirtschaft in Köln.
Was das alles mit Caritas zu tun hat?
Ehrlich gesagt: das ist immer noch schwer abzuschätzen.
Aber wenn ich über so eine Messe gehe, glaube ich: da kommt noch einiges. Ein Beispiel: Werden wir künftig noch teure Werbekampagnen für Pflegekräfte mit Plakaten, Webseiten und Flyern konzipieren? Oder vielleicht eher einen Anbieter beauftragen, aufgrund von frei zugänglichen Daten eine relevante Zielgruppe (z.B. Frauen mittleren Alters, die nach einer Familienphase wieder in den Beruf einsteigen wollen) in einem fest umrissenen Gebiet zu identifizieren, denen wir in ihre täglich aufgerufene Wetter-App eine Werbeanzeige für offene Stellen einspielen lassen? Technisch ist das kein Problem. Billiger ist es auch. Andere sind längst soweit.
Google arbeitet beispielsweise gerade an Kontaktlinsen, die automatisch den Zuckergehalt in der Tränenflüssigkeit messen und die Informationen weitergeben. Eine Push-Nachricht und der Diabetiker weiß, dass es Zeit ist Insulin zu spritzen. Funktioniert das, dann werden die Hersteller von Blutzuckermessgeräten ein Problem bekommen. Verknüpft Google die Daten mit einer Online-Apotheke, schickt die demnächst automatisch den Nachschub des Medikaments. Dann hat auch die Apotheke um die Ecke einen Dauerkunden weniger.
Die Heizung weiß, wann ich zuhause sein werde
Nicht jedes Geschäftsmodell, das in dieser digitalen Revolution erfunden wird, ist von Beginn an ausgereift und wird sich durchsetzen. Und doch sind wir Zeugen einer gigantischen Umwälzung. Entwicklungen wie Connected Home & Cars verknüpfen Daten aus höchst privaten Bereichen und versprechen einen Mehrwert: Die Heizung weiß, dass ich in zwanzig Minuten zuhause sein werde, und springt an. Solche Erleichterungen im Alltagsleben führen zu großer Akzeptanz bei Menschen: wir nutzen das Navi, wir fragen Google Maps nach Restaurant-Tipps, teilen Erlebnisse bei Facebook, immer mehr Menschen nutzen Messenger-Dienste. Und weil alles umsonst ist, akzeptieren wir Werbung und liefern Daten. Digitales Marketing arbeitet schon mit kontextrelevanten und individuellen Problemlösungsangeboten: Platte Botschaften langweilen, wertvolle Produkte, hilfreiche Services und gute Geschichten begeistern Nutzer und Käufer.
Apps beantworten Fragen, die noch nicht gestellt wurden
Nicht jeder ist begeistert, nicht jeder ist bei Facebook, nicht alle halten Schritt. Doch manche Zahlen sprechen für sich: Inzwischen nutzen mehr Menschen Mobilgeräte als stationäre PCs (67 zu 33 Prozent bei den 14-29-Jährigen, immer noch 52 zu 48 Prozent bei den Ü54-Jährigen). Apps überflügeln das mobile Web (87 zu 13 Prozent). Das Suchverhalten verändert sich, digitale Assistenten wie „Google Now“ sind die Antwort. Wenn die App aufgrund von Daten und Algorithmen weiß, warum ich etwas suche, wird sie mir die Antworten liefern, bevor ich die Frage gestellt habe. Wer das am besten kann, liegt vorne.