Zwischen Wasserfall und Wagnis – Wie Ausprobieren zur Erfolgsformel wurde 

Im Diözesan-Caritasverband Limburg hat ein mutiger Perspektivwechsel zu echter digitaler Innovation geführt. Julia Kleine berichtet über ihre Lernreise und wie aus Problemen Lösungen entstehen.

“Ich hätte nicht gedacht, dass ich das mal sage, aber: Ich möchte gar nicht mehr anders arbeiten.”

Wenn Julia Kleine über das vergangene Jahr spricht, klingt es nach einem Umbruch. Nicht nur für sie persönlich, sondern auch für ihren Verband, den Diözesan-Caritasverband (DiCV) Limburg. Denn was als Idee begann, wurde zu einer intensiven Lernreise voller Schleifen, Aha-Momente und am Ende: echter Innovation.  

Der klassische Weg: Wasserfall mit Zielgarantie 

Julia Kleine kennt die Caritas-Landschaft in Limburg gut. Als Leiterin für Verbands- und Projektmanagement begleitet sie im DiCV Limburg die Gestaltung und Umsetzung des jährlich mit 100.000 Euro ausgestatteten Innovationsfonds „Caritas im Bistum Limburg“ – immer mit dem Ziel, gemeinsam mit Kolleg*innen zukunftsweisende Projekte auf den Weg zu bringen. Dabei war der Weg bislang oft klar: „Wir arbeiten meistens klassisch nach der Wasserfallmethode. Das Ziel steht fest, dann wird der Weg dahin in Schritten abgearbeitet“, erzählt Kleine. So funktionierte das auch bei früheren Fonds-Themen wie Digitalisierung, Ökumene oder Klimastarter. 

Innovation, das war bislang oft: neue Kommunikationsmittel, ein digitales Tool, ein Projekt zur Arbeitgebermarke, erinnert sich Kleine: „Die Wege waren klar, das Ziel definiert. So sind wir es gewohnt.“ Dass es auch anders geht – oder gehen muss –, wurde ihr erst durch ein Gespräch klar, das rückblickend viel verändert hat. 

Der Perspektivwechsel: „Was brauchen die Leute eigentlich?“ 

In einer kurzen Pause bei einer Delegiertenversammlung warf Johannes Landstorfer von der Stabsstelle Digitale Transformation des Deutschen Caritasverbands eine schlichte, aber kraftvolle Frage in den Raum: „Was brauchen die Menschen denn eigentlich?“ Nicht: Welches Tool wollen wir fördern? Nicht: Welche Lösung wollen wir implementieren? 

„Heute wirkt die Frage so logisch – aber damals hat es bei mir echt Klick gemacht,“ so Kleine. „Das war ein echter Perspektivwechsel.“ 

Statt wie gewohnt Lösungen anzubieten, begann das Team in Limburg zu fragen: Wo drückt der Schuh? Und vor allem: Wie finden wir das überhaupt heraus? 

Der Kickoff: Aus Problemen werden Lösungen

Im Februar 2024 fiel der Startschuss. Mit Unterstützung der Digital Product School (DPS) wurde ein Workshop organisiert – mit einer entscheidenden Wendung: Die Teilnehmenden sollten nicht auf Lösungen, sondern auf Bedürfnisse schauen. „Wir haben gefragt: Wäre es nicht großartig, wenn…? Und das hat viele erst mal überfordert,“ so Kleine. „Aber genau das war das Learning“. Statt einer klaren Lösung kamen elf verschiedene Problemformulierungen auf den Tisch. „Das war erstmal ernüchternd. Aber uns wurde auch klar: So funktioniert ein explorativer Prozess eben.“ Bestärkt wurde die Entscheidung zur Kooperation durch die positiven Erfahrungen der Caritas München, die zuvor in einem ähnlichen Prozess mit der DPS wertvolle Erkenntnisse gewinnen konnte – aus dem damaligen Prototyp gründete das Team später das Start-up CareMates aus. 

Aushalten, lernen, weitergehen

Der Prozessstart war geprägt von Unsicherheiten – und von Widerständen. „Zehn Prozent in meinem Kopf dachten häufig: Das ist doch jetzt ein Rückschritt.“ Doch die übrigen 90 % waren überzeugt: Nur wenn man sich auf das Unbekannte einlässt, kann wirklich Neues entstehen. 

Ein späterer Workshop in Frankfurt a.M. half,– unterstützt von caritas.next, brachte Struktur ins Chaos: „Ich war so froh, dass ihr vom Team caritas.next da wart. Ihr habt diese gesamtverbandliche Perspektive mitgebracht, aber auch ganz konkret geholfen, wie man Ideen in Substanz verwandelt.“ 

Und diese Substanz nahm zusehends Gestalt an. In einer Leitungskonferenz wurde beschlossen, ein Fachkonzept zur Prävention von Wohnraumverlust als Grundlage zu nehmen – und ein KI-gestütztes Tool für die Beratung zu entwickeln. Mit diesem Auftrag startete das Team der DPS seine Explorationsreise. 

Was es bedeutet, zu machen

Heute, mitten im Entwicklungsprozess, trifft sich das Team alle 14 Tage zu einem sog. Review Meeting: „Ganz agil, wie in der neuen Welt üblich. Es wird vorgestellt, was in den letzten zwei Wochen passiert ist, wir geben Feedback, dann sprinten sie weiter. Es ist fantastisch.“ Kleine möchte das Arbeiten im interdisziplinären Team nicht mehr missen: Ich habe das Gefühl, ich kann mitgestalten und bin top informiert – und andersherum bekommt das Team Feedback und fühlt sich nicht allein gelassen.“ 

Gerade diese Verbindung ist für sie der Kern des Erfolgs: Dieses gemeinsame Schritt-für-Schritt Problemlösen mit einem interdisziplinären Team ist so wirkungsvoll – das hätten wir mit klassischen Dienstleistern nie erreicht.“ 

Was wäre ohne caritas.next?

Wie wäre der Prozess ohne caritas.next verlaufen? Dann wären wir nie so weit gekommen.“ Besonders in kritischen Phasen war die Begleitung wertvoll: „Die Unterstützung und Expertise im Planungsprozess hätte ich so nicht hinbekommen. Eure Perspektive, euer Know-how – das war Gold wert. 

caritas.next brachte immer wieder die richtigen Fragen zur richtigen Zeit: „Was ist der nächste Schritt? Was braucht es jetzt? Genau das hat mich abgeholt, wenn ich kurz vorm Aufgeben war.“ 

Der Mehrwert des Ausprobierens

Dass sie durch diesen Weg mehr gelernt hat, als in einer klassischen Fortbildung wird Kleine heute erst richtig klar. „Ich hätte vorher nicht gedacht, dass sich die Exploration auf andere Bereiche auswirkt: Ich bin heute offener für Denkschleifen lerne aus vermeintlichen Rückschritten – und will das nicht mehr missen.“  

Eine klassische Fortbildung hätte das nicht leisten können, sagt sie: „Da hätte ich ein Zertifikat bekommen, abgeheftet – fertig.  Aber das hier bleibt. Und verändert.“  

Und wie geht’s weiter?

Das Projekt läuft noch bis Juni 2025. Ein MVP, also ein erster, lauffähiger Produktprototyp mit dem Arbeitstitel “NestFreund”, wird das Ergebnis sein. „Aber wir denken natürlich weiter. Wie skalieren wir? Wie geht es danach weiter? Wer macht mit?“ Fragen, die nicht mehr nur Limburg betreffen. Kleine hat eine Vision: „Ich wünsche mir, dass das ein Tool für die ganze Caritas – vielleicht für die ganze Wohlfahrt – wird.“ 

Und auch für caritas.next sieht sie eine wachsende Rolle: „Eure Vermittlerrolle wird immer wichtiger. Wir brauchen euch, damit wir in dieser komplexen Welt nicht den Überblick verlieren.“ 

Ja, die Caritas kann digitale Transformation – wenn sie sich traut 

Was bleibt nach einem Prozess voller Schleifen, Hürden und Lernkurven? Für Julia Kleine ist die Antwort eindeutig: „Ich möchte gar nicht mehr anders arbeiten.“ Der Weg war nicht einfach, aber er war richtig – weil er Neues ermöglicht hat. 

Und noch etwas hat sich gezeigt: Die Caritas kann digitale Transformation. „Sie hat da noch Luft nach oben und braucht deswegen solche Menschen wie euch bei caritas.next, weil wir es allein nicht können und diese agile Arbeitsweise (noch) nicht gewohnt sind,“ sagt Kleine rückblickend. „Aber mit eurerExpertise und dem Zutrauen der Vorgesetzten können wir uns weiterentwickeln und wettbewerbsfähig bleiben.“ 

Es ist genau dieses Zusammenspiel aus mutigem Ausprobieren vor Ort, methodischer Begleitung durch caritas.next und der Offenheit der Führungsebenen –, das den Unterschied macht. Denn Digitalisierung ist nicht nur Technik – sie ist auch Haltung, Struktur und Kulturwandel. Und wer sie ernst nimmt, braucht mehr als Tools: Er braucht Vertrauen, Raum zum Lernen und Partner*innen, die bleiben, auch wenn es schwierig wird. 

Drei Tipps für Kolleg*innen mit Lust auf Ausprobieren 

Wenn Julia heute mit Kolleg*innen über ihre Erfahrungen spricht, hat sie drei klare Ratschläge parat: 

  1. „Findet heraus, welches Problem ihr wirklich lösen wollt.“ – Startet nicht mit Lösungen. 
  2. „Ruft caritas.next an.“ – Holt euch Unterstützung, ihr müsst nicht alles alleine machen. 
  3. „Sucht euch Mitstreiter*innen mit Expertise – auch außerhalb der Caritas-Bubble.“ 

Und dann? „Macht euch gefasst auf einen verschlungenen, abenteuerlichen, spannenden Weg.“ 

caritas.next begleitet den digitalen Wandel in der Caritas – nicht mit vorgefertigten Antworten, sondern mit offenen Fragen, klarem Fokus und methodischer Unterstützung.

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