Drei Jahre Projektlaufzeit, mehr als 2.400 lernende Menschen, 5.900 Begegnungen, über 100 kleine und große Projekte, Workshops und Treffen mit mehr als 40 verschiedenen Dozierenden und Impulsgebenden und Stunden über Stunden an Lernerfahrung – das ist Tandem 4.0 in Zahlen.
Viele digitale Projekte der teilnehmenden Diözesancaritasverbände wurden weiterentwickelt oder – soweit das bei Veränderungsprozessen überhaupt möglich ist – abgeschlossen. Digitale Personal- und Klient:innenakten wurden eingeführt und kollaboratives Arbeiten mit digitalen Tools wurde Normalität. Viele Lernerfahrungen wurden auch als eLearning- und Videoseminare mit mehr Kolleg:innen geteilt.
Es ist keine Übertreibung zu sagen: Tandem 4.0 hat digitales Arbeiten und den Nutzen digitaler Technologien und Methoden greifbar gemacht und Zugänge geschaffen.
All diese Ergebnisse sind toll und machen deutlich, dass das Projekt die gesteckten Ziele erreicht hat. Und das trotz der Corona Pandemie.
Die sieben Kernerkenntnisse aus Tandem 4.0 fassen wir heute zusammen. Unsere Hoffnung: Dass Ihr, liebe Leserinnen und Leser, die Erfahrungen für Ihre Projekte nutzen können. Weitere Informationen und Materialien finden Sie auf der Projektwebsite und – was nicht öffentlich sein kann – intern im CariNet.
Wenn Sie Fragen haben, stellen Sie diese gerne in den Kommentaren, wir freuen uns auf den Austausch.
1. Ziele entwickeln sich
Die Ambitionen für neue Wege in der Personalentwicklung waren im Projektantrag von Tandem 4.0 klar und wünschenswert formuliert, die Ziele folgerichtig gesteckt. In der Praxis mit ihren unterschiedlichen Personen, Verbänden und Bedingungen zeigte sich, dass die Ziele nicht immer direkt passten. Sie wurden von den Projektbeteiligten nach und nach im Projektverlauf entwickelt. Was im ersten Moment ein Problem war, entwickelte sich für die Projektbeteiligten – egal ob Führungskräfte, Coaches oder Mitarbeitende der Verbände – zu einem wichtigen Erfolgselement für Tandem 4.0.
Die Lernerfahrung: Vor Projektbeginn definierte Ziele können zwar funktionieren, es muss jedoch die Flexibilität geben, diese Ziele an die Bedürfnisse der Projektbeteiligten und an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen.
Ziele gemeinsam zu definieren ist ein Prozess, der vor allem für Teams wichtig ist, die sich zu Projektbeginn noch nicht kennen. Voraussetzung für eine intensive Auseinandersetzung ist, dass die Beteiligten den gemeinsamen Erfolg wollen und als Projektteam diesen Findungsprozess “aushalten”. Durch die enge Zusammenarbeit entstehen nicht nur schnell gute Arbeitsbeziehungen, die gemeinsame Zieldefinition hilft auch dabei, die unterschiedlichen Erwartungen an das Projekt zu verstehen und sich darauf einzustellen. Gerade für ein großes Kooperationsprojekt wie Tandem 4.0 ist das essenziell.
2. Flexibilität erhöht die Wirkung
Zu Beginn waren jede*r Coach aus dem Tandem 4.0 Team zwei der teilnehmenden Diözesancaritasverbänden zugeordnet. In der letzten Projektphase veränderte sich diese Struktur jedoch und die Coaches waren dort im Einsatz, wo sie mit ihrer Expertise am besten helfen konnten und gebraucht wurden.
Diese Flexibilität war nur möglich, weil die Teams in den teilnehmenden Verbänden vor Ort in ihren Projekten vorankamen und die enge Begleitung durch die Coaches nicht mehr in der ursprünglichen Form nötig war. Zudem lernte sich das Coaches-Team besser kennen und unterstützend und konnte ihre Zusammenarbeit daher weiter ausbauen.
Diese Erfahrung zeigt, dass Flexibilität bei der Projektstruktur und bei den Aufgabenbereichen essenziell sein kann, um die Wirkung von Expertise und Coaches zu erhöhen. Sie zeigt jedoch auch, dass Flexibilität nicht mit willkürlichen Entscheidungen oder spontanen, ungeplanten Veränderungen gleichzusetzen ist.
Wenn Flexibilität Wirkung erhöhen soll, muss sie das Ergebnis intensiven Austauschs, guter Kommunikation und die Reaktion auf konkrete Bedarfe sein.
3. Schnell ins Tun kommen
Tandem 4.0 war als Projekt von sechs Diozösancaritasverbänden und dem Deutschen Caritasverband von Beginn an eine komplexe Struktur. Das brachte zahlreiche Projektbeteiligte mit sich und damit auch aufwendigere Abstimmungsprozesse.
Entscheidend für das Zusammenwachsen des Coaching Teams mit den Mitarbeitenden der Verbände und für die Kooperation auf Führungsebene war daher, möglichst schnell aus einem Planungsmodus ins Tun zu kommen.
Im gesamten Projektverlauf wurden Ideen und Ansätze möglichst praktisch erprobt und getestet. Gerade bei neuen, digitalen Technologien, Werkzeugen und Arbeitsweisen war die persönliche Erfahrung unverzichtbar. Hier zeigte sich auch eine Stärke des Digitalen: Neue Ansätze können schnell und mit wenig Aufwand getestet werden, ohne gleich riesige Summen investieren zu müssen.
4. Digitales muss Menschen Nutzen bieten
Digitale Prozesse sind erst mal nur digital und nicht automatisch besser als analoge und eingespielte Arbeitsweisen. Diese Erkenntnis ist nicht neu, führte in Tandem 4.0 jedoch zu einer Lernerfahrung, die auch in zahlreiche anderen Digitalprojekte wichtig ist:
Der Zugang zu digitalen Lösungen wird deutlich leichter, wenn der Nutzen von Anfang an klar ist.
Statt über technische und theoretische Möglichkeiten zu sprechen, identifizierten Coaches und Mitarbeitende gemeinsam den konkreten Nutzen neuer Wege und Technologien. Diese wurden in Schulungen und Workshops vermittelt.
Damit konnten zwar nicht alle Zweifel ausgeräumt werden, in Verbindung mit dem bereits genannten praktischen Ansatz, der eigene Erfahrungen ermöglichte, konnten sich jedoch viele Menschen das Potenzial digitaler Ansätze selbst erschließen und erfahren.
5. Praktische Unterstützung vor Ort als Erfolgsfaktor
Ein besonderes Element der Tandem 4.0 Projektstruktur war die enge Zusammenarbeit der Coaches mit den Mitarbeitenden vor Ort. Diese enge Begleitung wurde auch fortgesetzt, als die Corona Pandemie und die mit ihr verbundenen Kontakteinschränkungen persönliche Treffen erschwerten oder unmöglich machten. Die bereits aufgebauten Beziehungen zwischen Coaches und Teams vor Ort konnten dann nämlich durch virtuelle und räumlich verteilte Zusammenarbeit weiter ausgebaut werden.
Die Erfahrung zeigt: Die Tandem-Coaches entwickelten sich zwar zu einem überregionalen Kompetenz-Team. Ihre Wirkung – neue Kompetenzen bei Mitarbeitenden aufzubauen und mit ihnen ihr digitales Umfeld gestalten – erreichten sie aber nur durch ihre Präsenz vor Ort.
Das machte sie “greifbar” und nur so konnten sie Angebote machen, die in einen unglaublich eng gesteckten Arbeitsalltag begleitend passten. Durch die Arbeit vor Ort und die Bereitschaft, auf die konkreten Bedürfnisse der Teilnehmenden einzugehen, war sowohl der gute Beziehungsaufbau als auch die Ausrichtung der Projektziele an realen Herausforderungen möglich. Dazu gehörte für die Coaches auch, die Sprechweise der Teilnehmenden aufzunehmen, ihre Arbeitsgewohnheiten und Denkweisen zu verstehen und die angebotenen Formate daran anzulehnen.
Auch strategische und überregionale Projekte gelingen dann besonders gut, wenn sie in Kontakt mit den Menschen sind, um die es geht.
6. Veränderung als Chance nutzen
Die Corona Pandemie brachte für Tandem 4.0 einschneidende Veränderungen mit sich. Präsenzworkshops, die Arbeit in persönlichen Treffen und der bis dahin gepflegte, regelmäßige Austausch in Person waren nicht mehr möglich.
Das Tandem 4.0 Team nutzte die Veränderung jedoch als Chance und reagierte schnell. Durch die Web-Seminarreihe „Digitale*s Sozial Wesen“ konnte das Team Wissen und Expertise einem breiten Publikum – über 450 Menschen – zugänglich und digitale Erfahrungen möglich machen.
Natürlich konnte Tandem 4.0 mit seinen digitalen Möglichkeiten besser auf die Herausforderungen der Corona Pandemie reagieren, als es in rein analogen oder offline organisierten Projekten möglich gewesen wäre. Doch das Tandem 4.0 Team ging einen Schritt weiter.
Die aus der Situation heraus geborenen digitalen Netzwerke und Arbeitsweisen wurden bewusst zu dauerhaften Formaten ausgebaut und etabliert – bis hin zum Aufbau einer eLearning Plattform.
Veränderungen können für Projekte zum Vorteil genutzt werden – mit einer Haltung des „Ja, das machen wir!“, einer gewissen Risikobereitschaft und einem Blick in die Zukunft.
7. Verbandsübergreifende Kompetenznetzwerke verstetigen Veränderung
Die wohl größte Errungenschaft und Erkenntnis von Tandem 4.0 ist das zwischen den beteiligten Verbänden gewachsene, verbandsübergreifenden und erfolgreiche Kompetenznetzwerk. Durch gute kollegiale Beziehungen, regelmäßige digitale Austauschformate und lösungsorientierten Austausch der verschiedenen Teams ist eine Struktur entstanden, die alle Beteiligte in ihrer Arbeit verbindet.
Dieses Kompetenznetzwerk transportiert Wissen und Erfahrungen zwischen den verschiedenen Verbänden und führt so zu Lösungen, die in einem Verband allein nicht möglich wären.
Die Erkenntnis geht jedoch über den Wert des Kompetenznetzwerks hinaus. Noch wichtiger ist, den Entstehungsprozess zu verstehen. Die ersten Ansätze des Kompetenznetzwerks entstanden organisch aus den Arbeitsbeziehungen und der engen Begleitung der Teams vor Ort durch die Coaches.
Der Schritt zum Kompetenznetzwerk folgte, als das Projektteam diese natürlich gewachsenen Beziehungen bewusst stärkten, digitale Austauschformate etablierten und den verbandsübergreifenden Austausch gezielt förderten.
Es braucht also nicht nur gute Beziehungen und regelmäßigen Austausch, sondern gezielte Aufbauarbeit und Pflege, um ein Kompetenznetzwerk aufzubauen und aktiv zu halten.
Überregionale Kompetenzteams, die dennoch ein überschaubares Gebiet betreuen und dadurch nah an und mit den Menschen arbeiten können, haben einen so hohen Nutzen für den digitalen Wandel der Caritas gezeigt, dass sie im Rahmen der verbandlichen Digitalstrategie aufgegriffen werden sollen.
Tandem 4.0 hat viele Erkenntnisse hervorgebracht, die über den Rahmen dieses Artikels hinaus gehen. Im Kern des Projektes stehen jedoch die Menschen, die es mit Leben gefüllt und zu dem Erfolg gemacht haben, der es heute ist. Ihnen alle danken wir für ihren Einsatz und wünschen ihnen weiterhin viel Erfolg.