Was Roboter können und was nicht: Die Caritas zu Besuch bei der Munich School of Robotics and Machine Intelligence

C3PO, R2D2, Hal oder Pepper – das Bild über Roboter ist heutzutage medial geprägt. Gleichzeitig kristallisiert sich rund um „die Roboter“ die Diskussionen um Chancen und Risiken der Digitalisierung. Denn wenn es innerhalb der Caritas um das Thema Roboter geht, ist das zukünftige Einsatzfeld schnell ausgemacht: die Pflege! Die Assoziationen die dabei geweckt werden schwanken irgendwo zwischen Bedrohung für den Arbeitsplatz, Gefahr der Entmenschlichung der Pflege bis hin zum wertvollen Assistenz- oder Entlastungsgerät.

Eine wissenschaftliche Mitarbeiterin der MSRM erklärt das Schulungskonzept, mit dem Anwender lernen, einem Roboterarm über ein einfaches Interface bestimmte Arbeitsschritte beizubringen.

 

Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM) sind an der Schnittstelle zwischen Assistenz, Pflege, aber insbesondere auch der Fertigung, Verpackung und Montage, wie sie in der Industrie vorkommt. Moderne Maschinen kommen dort heute schon zum Einsatz, warum also nicht auch Roboter? Was Roboter sind, was sie können und was nicht, wie der Stand der Forschung ist und wo es hingehen soll, wie sich die Interaktion zwischen Mensch und Maschine gestaltet, waren deshalb die Fragen, die die bayerischen Leitungen der Behindertenwerkstätten der Caritas und ihrer angehängten Einrichtungen bei einem Besuch der Munich School of Robotics and Machine Intelligence (MSRM) nachgegangen sind.

Die MSRM ist eine Einrichtung der Technischen Universität München (TUM). Sie will interdisziplinär arbeiten, um unterschiedliche Forschungsfelder zusammenzubringen und gemeinsame Herangehensweisen an komplexe Aufgabenstellungen zu ermöglichen. Dort arbeiten nicht nur Wissenschaftler aus den Bereichen Informatik oder Robotik, sondern auch aus dem Maschinenbau, der Elektrotechnik und Sozialwissenschaftler. Laut dem Missionstatement der MSRM sollen dort die Werkzeuge der Zukunft entwickelt und gebaut werden für die Bereiche – natürlich ist Geschäftssprache ausschließlich Englisch – Health, Work, Mobility.

Roboter können weniger als wir denken

Was Roboter heute können, wird weit überschätzt – und gleichzeitig scheinen die Verheißungen grenzenlos. Der Grund hierfür ist zum einen das o.g. mediale Bild von Robotern, andererseits die schon heute erstaunlichen Fähigkeiten von sog. Künstlicher Intelligenz. Sprachgesteuerte Assistenten wie Alexa, Siri oder Cortana bringen erstaunliches Zustande, schon vor über 20 Jahren war Schach gegen einen Computer durch einen Menschen nicht mehr zu gewinnen und seit vergangenem Jahr ist auch das japanische Go an die Maschinen verloren. Präziser müsste es heißen: An eine Software verloren.

Denn: einem Computer ist es zwar ohne weiteres möglich, die Züge im Voraus zu berechnen und virtuell zu simulieren. Wenn es aber darum geht, Steine unterschiedlicher Größe von A nach B zu versetzen, die möglicherweise nicht ganz korrekt liegen, ist die Körperlosigkeit der Software eine enorme Herausforderung. Natürlich kann man Roboter programmieren, bestimmte Bewegungen wiederholt auszuführen und darin sind die Roboter tatsächlich dem Menschen überlegen. Die gilt allerdings nur unter einer sehr zentralen Bedingung: Es muss sich um ein zu 100% kontrolliertes Umfeld handeln ohne unvorhergesehene Ereignisse. Deshalb sind Industrieroboter heutzutage zwar überall im Einsatz, aber immer dort, wo Handarbeit gefragt ist, wo die Arbeiten zwar ähnlich aber eben nicht 100% gleich sind, tun sich die Maschinen schwer. Die Manipulation, d.h. das Agieren in einer menschengemachten Umgebung, bleibt bisher das Privileg des Menschen.

Die bereits erzielten Fortschritte sind eindrucksvoll, insbesondere was die Feinfühligkeit im Hinblick auf sichere Reflexe, Sensorik und Regelungsalgorithmen anbelangt, allerdings noch weit von dem entfernt, was in der Science Fiction schon lange Usus ist. Weiteres wichtiges aktuelles Forschungsfeld ist, wie Maschinen bestimmte Fertigkeiten erlernen. Gerade hier verschmilzt die Grenze zwischen maschinellem Lernen, Robotik und KI. Fragen der Zukunft sind deshalb beispielsweise, wie man kollektives Lernen gestaltet, sodass eine Maschine vor der anderen Lernen kann, welche Chancen sich für die Vernetzung über 5G ergeben, wie Unterstützung dort geleistet werden kann, wo nur punktuell körperlich belastende Arbeit geleistet werden muss und wie man Systeme als Werkzeuge so gestalten kann, dass sie Arbeit erleichtern, aber nicht ersetzen.

Forschungsstandort für Geriatronics bei der Caritas Garmisch

Mit der MSRM soll hierfür eine Plattform geschaffen werden. Tatsächlich arbeiten die Forscherinnen und Forscher nicht im luftleeren Raum. Die Vernetzung mit der Gesellschaft ist eines der Anliegen der MSRM und es gibt bereits einige Schnittstellen auch zur Caritas. In Garmisch wurde bereits im vergangenen Jahr ein Forschungsstandort für Geriatronics eingeweiht, einer Wortneuschöpfung, die maschinelle Unterstützung für ältere Menschen beschreibt. An diesem Forschungsstandort gibt es u.a. eine Musterwohnung, in der in einer sehr kontrollierten Umgebung geforscht wird. Gleichzeitig gibt es eine enge Kooperation mit der dortigen Pflegeschule, um ein Art „Basiskurs Robotik“ auch für Fachkräfte in der Pflege zu entwickeln und zu etablieren.

Bei der Demonstration eines der Schulungsroboter der MSRM jedenfalls war es für die WfbM-Verantwortlichen jedenfalls nicht schwer, sich direkte Anwendungsfälle vorzustellen: Als Assistenzgerät für Menschen mit Spastiken, um Dinge zu greifen, als Hilfsmittel in einer Reihe von Produktionsschritten für Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf oder auch nur, um die Arbeit in der Werkstatt attraktiv zu machen. Einig war man sich jedenfalls darüber, dass das Thema Robotik lohnt, weiter im Blick zu sein, dass schon heute Grundlagen insbesondere bei Mitarbeitenden zu schaffen sind, um von technischen Entwicklungen nicht überholt zu werden und dass es lohnen könnte, direkt mit der Hightechforschung im Gespräch darüber zu sein, was insbesondere Menschen mit Unterstützungsbedarf brauchen und benötigen.

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