Alles findet sein Ende, so auch das vom ESF rückenwind+ finanzierte Projekt Tandem 4.0. Doch das Auslaufen der gemeinsamen Initiative der sechs Ostdiözesanverbände ist auch eine Chance, aus den Erfahrungen zu lernen. Denn von der Idee und Antragsstellung 2018 bis heute im Juni 2021 ist viel passiert. Die gesammelten Erkenntnisse und Praxistipps wollen wir in drei Artikeln bereitstellen, damit andere davon lernen und darauf aufbauen können.
In diesem ersten Artikel dreht sich alles um die Projektstruktur.
Tandem 4.0 – die Projektbeteiligten
Digitalisierung und digitale Transformation sind manchmal ein Buch mit sieben Siegeln. Um diese Siegel zu knacken und die Vorteile für die Caritas ganz praktisch nutzbar zu machen, war Tandem 4.0 angetreten. Der Auftrag steckte schon in der Struktur, denn Tandem 4.0 war eine gemeinsame Initiative von sechs Diozösancaritasverbänden zur Förderung der digitalen Transformation innerhalb der Caritas.
Das bedeutet konkret: Die Chancen der digitalen Transformation sollten durch Personal- und Organisationsentwicklung genutzt und auf diese Weise sichtbar gemacht werden. Neue Impulse für nutzerzentriertes, agiles Arbeiten mit digitalen Instrumenten sollten ein attraktiveres Arbeitsumfeld schaffen, Angebote für Klient_innen zeitgemäß ausrichten und Prozesse effizienter gestalten.
Konkret waren folgende Verbände Teil von Tandem 4.0:
- Caritasverband im Erzbistum Berlin e.V.
- Caritasverband der Diözese Görlitz e.V.
- Caritasverband für das Bistum Magdeburg e.V.
- Caritasverband für das Bistum Erfurt e.V.
- Caritasverband für das Bistum Dresden-Meißen e.V.
- Caritasverband im Erzbistum Hamburg e.V.
Sie arbeiteten im Projekt mit dem Deutschen Caritasverband e.V. zusammen. Er trat als Partner für die formalen Belange des Projektes gegenüber dem Europäischen Sozialfonds (ESF) auf, war Dienstgeber der Tandem 4.0 Coaches und übernahm die gesamte notwendige Projektverwaltung und Mittelabrechnung. Finanziert wurde das Projekt aus Mitteln des Programms rückenwind+ der EU, verwaltet durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS).
Das multi-disziplinäre Team der Coaches begleitete die Projektverbände und unterstützte den Brückenschlag zwischen Digitalem und Sozialem. In enger Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden evaluierten sie Bedarfe und bauten durch gemeinsame Projekte deren digitale Kompetenzen passgenau auf. Sie unterstützten die digitale Entwicklung der Verbände, vernetzten digitale Akteur_innen und halfen dabei, das Wissen und die Kompetenzen der Mitarbeitenden zum digitalen Arbeiten zu erweitern.
Tandem 4.0 bestand aus
- Einer engen Kooperation des Deutschen Caritasverbandes und der sechs Diözesanverbände in Ostdeutschland
- Einer gemeinsam Initiative der Verbände und deren lokaler Projekte, die im Rahmen von Tandem 4.0 weiterentwickelt oder umgesetzt wurden
- Einem Team aus Coaches, die Verbänden und Mitarbeitenden vor Ort zur Seite standen
Die Zielsetzung von Tandem 4.0
Zu Beginn des Projekts musste die übergeordnete Zielsetzung, die Förderung der digitalen Transformation innerhalb der Caritas, konkretisiert werden. Wie in jedem Projekt, das von mehreren Partner_innen getragen wird, gab es unterschiedliche Ideen dazu, wie der Auftrag in der Praxis aussehen sollte.
Auf der Ebene des Gesamtprojekts Tandem 4.0 entwickelten sich im Prozess vier Kernorientierungen:
- Veränderungsprozesse zu unterstützen, die in den sechs Diozöseancaritasverbänden durch die Nutzung digitaler Möglichkeiten stattfanden oder stattfinden sollten.
- Lernmodule zu Themen der digitalen Transformation im Kontext von Führungskultur und Organisationsstrukturen zu entwickeln und so Wissenssicherung und Kompetenzaufbau zu betreiben.
- Digitale Produkte in den Verbänden konkret zur Anwendung bringen und Prozesse effizienter zu gestalten.
- Die Erkenntnisse und Ergebnisse aus Tandem 4.0 in die Digitale Agende des Deutschen Caritasverbandes zu verbinden.
Zielentwicklung als lebendiger Prozess im Projekt
Unter dem Dach dieser übergeordneten Kernelemente bildeten sich zahlreiche Praxisprojekte in den teilnehmenden Verbänden heraus. Sie alle trieben digitale Themen innerhalb der Caritas voran. Am Ende der Projektlaufzeit waren es 120 unterschiedliche Projekte, Fortbildungen und eLearnings, einige hatten vor Tandem 4.0 begonnen, andere entstanden erst in dessen Rahmen, die zur gemeinsamen Initiative gehörten.
Diese Projekte entstanden oft auf Initiative von Mitarbeitenden oder als Antwort auf Fragen und Probleme aus der Praxis. Auch wenn sie unterschiedliche Themenbereiche umfassten, ähnelten sich die zugrundeliegenden Bedarfe. Die häufigsten waren:
- Die Klärung des Begriffs „Digitalisierung“ und seiner Bedeutung für den eigenen Verband und die eigene Arbeit.
- Die Evaluation der konkreten digitalen Bedarfe in verschiedenen Arbeitsfeldern.
- Der Einstieg in die Umsetzung digitaler Konzepte und Ansätze.
- Die Weiterführung und Verstetigung digitaler Projekte nach der ersten Startphase.
- Geeignete Mittel zur zeitgedigitalemäßen Kommunikation mit Klient_innen finden, einsetzen und nutzen.
- Die Zusammenarbeit im Team strukturell und durch passende Tools gut zu gestalten.
- Die eigene Arbeitsweise und den eigenen (digitalen) Arbeitsplatz zielorientiert organisieren und dafür nötige (digitale) Mittel sinnvoll einsetzen. Verwaltungsabläufe möglichst effizient für alle gestalten und digital unterstützen.
Durch die Arbeit mit- und aneinander fanden Coaches, Mitarbeitende und Leitungskräfte der Verbände eine gemeinsame Richtung. Die oben beschriebenen Kernelemente und Ziele waren das Ergebnis eines intensiven Kommunikationsprozesses. Dieser kostete zwar Energie, brachte das Tandem 4.0 Team – sowohl die Coaches als auch Ihre Ansprechpartner*innen vor Ort – zusammen und schaffte eine enge Vernetzung.
Bei über 2.300 Mitarbeitenden, die im Lauf des Projektes Teil von Tandem 4.0 waren, spielte die Projektkommunikation eine zentrale Rolle. Hier waren vor allem der persönliche Kontakt zwischen den Coaches und den Mitarbeitenden der Verbände und der aktive Austausch zwischen Leitungskräften der Verbände essenziell.
Mitarbeitende, Coaches und Verbände – vom Team zum Kompetenznetzwerk
So groß und komplex Tandem 4.0 war, so unterschiedlich waren auch die Ausgangsvoraussetzungen, mit denen die teilnehmenden Verbände und Mitarbeitenden in das Projekt starteten. Zu Anfang, informell als erste Phase bezeichnet, mussten zunächst Beziehungen zwischen den Coaches – jede_r Coach war zwei Verbänden zugeordnet- aufgebaut und die Teams vor Ort gebildet werden.
Die nach und nach intensiver werdende Projektarbeit in den Verbänden machte die Arbeit und den Rat der Coaches dann immer wichtiger. In dieser zweiten Phase von Tandem 4.0 wuchsen die Projektteams und Coaches eng zusammen.
In der dritten Phase nahmen die Projekte in den Verbänden Fahrt auf und die Coaches waren – sowohl untereinander als auch in der Arbeit mit den Mitarbeitenden der Verbände – eingespielt. Die unterschiedlichen Kompetenzen der Coaches wurden verstärkt verbandsübergreifend eingesetzt. Schritt für Schritt entstand so ein verbandsübergreifendes Kompetenznetzwerk, das allen beteiligten Verbänden einen Zuwachs der Coach-Kompetenzen und besseren kollegialen Austausch ermöglichte.
Als die Corona Pandemie 2020 in Deutschland zu Einschränkungen der bis dahin normalen Präsenzarbeit führte, traf dies natürlich auch das Tandem 4.0 Projekt. Die nötigen Veränderungen machten aus den digitalen Projekten von Tandem 4.0 fast über Nacht notwendige, teilweise sogar essenzielle Elemente der Arbeit in den beteiligten Verbänden.
Das bereits etablierte Kompetenznetzwerk wuchs in kürzester Zeit und führte zu immer stärkerer überregionaler Kooperation. Die Zielsetzung von Tandem 4.0 blieb unverändert, doch der Bedarf nach Unterstützung durch die Coaches nahm rapide zu. Ähnliches galt auch für den kollegialen Austausch im Kompetenznetzwerk.
Deutlichere Auswirkungen hatten die Corona Pandemie und Arbeit der Tandem 4.0 Teilnehmenden jedoch auf die Projekte, die unter dem Tandem 4.0 Dach vorangetrieben wurden. Sie werden Thema des zweiten Artikels dieser Serie sein.