Kommunikationsprofis sind sich einig: Das Campaigning von Nonprofits muss sich ändern und dem digitalen Wandel anpassen. Aber welche Weichen müssen wir stellen, um einen Paradigmenwechsel einzuleiten? Unsere 7 Tipps fürs Online-Campaigning anno 2018.
1. Arbeitsstrukturen überdenken, aus Fehlern lernen
„Stick to the plan“ war gestern. Stattdessen müssen wir damit anfangen, unsere liebgewonnenen Pläne auch mal über Bord zu werfen – spätestens, wenn wir merken, dass sie keine Wirkung erzielen. Fehler müssen wir als Treibstoff für Wandel verstehen. Nur wenn wir Fehler erkennen, ihre Ursache angehen und Prozesse besser machen, lohnt es sich, diese ins digitale Zeitalter zu überführen. Drastisch gesagt: „Wenn wir einen Scheißprozess digitalisieren, dann haben Sie einen scheiß digitalen Prozess“ (Thorsten Dirks, CEO der Telefónica Deutschland AG).
Mit Blick auf unsere öffentliche Kommunikation gilt es, dass wir permanent die Wirkung unseres Handelns bewerten. Caritas-Kampagnen müssen noch besser auswertbar gemacht werden. Hierfür brauchen wir klare Ziele (siehe Punkt 5) sowie eine professionelle Datenerhebung und Analyse. Werkzeuge hierfür sind in digitalen Zeiten zur Genüge vorhanden.
2. Vernetzen, vernetzen, vernetzen
Hilfe und Engagement organisieren, Kranken- und Altenpflege vermitteln, soziale Arbeit leisten: Diese und andere Bereiche der Arbeit mit und für Menschen sind zentral für die Caritas. Im digitalen Zeitalter jedoch tauchen immer mehr Organisationen und private Anbieter auf und machen den Markt kleinteilig. Mit Blick auf Kommunikation profitieren davon besonders Social-Media-Plattformen wie Facebook. Hier stehen NGOs oft im Wettstreit miteinander (Rückblick Blogparade: Wen erreichen NGOs noch?) und treiben, beispielsweise mit konkurrierenden Ad-Kampagnen, den Cost-per-Click nach oben.
Um dauerhaft gehört zu werden, müssen wir uns noch stärker mit gleichgesinnten Organisationen vernetzen und unsere Kommunikationsziele abgleichen. Wir müssen unsere Strukturen fit machen für kurzfristige Kooperationen und gemeinsame Projekte.
3. Kleine Lösungen vs. Riesenprobleme
Wir schießen zu oft mit “Wattebällchen auf Spatzen”. Um Menschen durch eine Kampagne zu begeistern, genügt es nicht, Betroffenheit für ein Problem zu erzeugen. Gerade dann nicht, wenn die Probleme gewaltig sind. Noch kritischer wird es, wenn man zu den Problemen keine adäquaten Lösungen anbietet.
Wenn wir maximal aktivieren möchten, müssen wir auch große Lösungen für die Probleme der Welt bieten. Es genügt beispielsweise nicht, über die Mängel in der Pflege zu berichten und Betroffenheit zu wecken. Zusätzlich müssen wir uns trauen, große Lösungen anzubieten und die Möglichkeit, sich aktiv für diese Lösungen einzusetzen.
4. Ohne Experimente kein Fortschritt
Was tun, wenn keiner den Masterplan hat? Die Antwort: Wir müssen mutig sein und neue Dinge ausprobieren. Das geht in Bereich Campaigning und Online-Kommunikation nur nach dem Prinzip „Trial and Error“. Hier können wir vom Marketing der Konzerne lernen. Bedingung hierfür sind jedoch ein experimentierfreudiges Arbeitsumfeld und ein professionelles Erfassen und Verarbeiten der erzielten Ergebnisse.
5. Wir brauchen klare Conversion-Ziele
Unsere Online-Kampagnen brauchen klare Ziele. Im Grunde geht es um drei Fragen: Was wollen wir erreichen? Wen wollen wir erreichen? Was wollen wir von den Menschen, nachdem wir sie erreicht haben? Solange wir Öffentlichkeitsarbeit ohne klare Ziele machen, dürfen wir uns nicht beschweren, wenn unser Wirkungsgrad gering bleibt und sich Menschen lieber mit anderen solidarisieren.
6. E-Mail für interne Kommunikation: beerdigen!
Angenommen, 15 Menschen (und das kommt schnell zusammen: Redaktion, Entscheider, Agentur, Entwickler, Designer, Community-Manager) arbeiten gemeinsam an einer Kampagne und nutzen zur Kommunikation untereinander ausschließlich E-Mail. Was passiert? Genau. Jede(r) Einzelne wird mit Mails überschüttet, verliert die Übersicht und kann nicht immer sagen, wie der Stand der jeweiligen Aufgabe aktuell ist. Deshalb müssen wir endlich anfangen, Online-Tools wie Trello, Slack und Co. für unser Campaigning zu nutzen. Das mag sich zwar zu Beginn komisch anfühlen. Spätestens jedoch, wenn ihr eure erste Kampagne intern per Tool umgesetzt habt, werdet ihr nie wieder eine E-Mail an die Kollegen aus eurem direkten Arbeitsumfeld schicken wollen.
7. Nicht warten, bis der Druck zu hoch ist
Wenn uns die Medienkrise der Nullerjahre etwas gezeigt hat, dann, dass wir nicht warten dürfen, bis der Innovationsdruck ins Unermessliche steigt. Der Blick auf das derzeitige Spendenvolumen in Deutschland ist nämlich trügerisch: Es wurde noch nie so viel wie heute gespendet, allerdings gab es auch noch nie so wenige Spender(innen), die noch dazu so alt sind. Wir müssen jetzt die Weichen stellen, um auch morgen noch da zu sein. Deshalb hilft es uns nicht, abzuwarten. Wir müssen handeln und lernen, wieder innovativ zu werden, solange wir dazu aus eigener Kraft in der Lage sind.
Mehr zum Thema: Unsere Learnings von der reCampaign 2018
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Insbesondere den Punkt zu den klaren (und ich würde noch hinzufügen: messbaren) Zielen finde ich wichtig. Meistens haben die Kampagnen der Caritas als Ziel “Sensibilisierung”. Das bedeutet, dass wir nie wissen, ob eine Kampagne ihr Ziel erreicht und ob Aufwand und Ertrag im Verhältnis stehen.
Auch Sensibilisierung kann man messen. Das ist ja das schöne an Online-Kampagnen 🙂 Allerdings muss man dann das Kampagnen-Design dementsprechend vorbereiten und einen Call-to-action wählen. Das macht m.E. nur Sinn, wenn wir für ein Thema sensibilisieren, dass nicht schon hochsensibel ist oder simultan von lauteren Absendern durchs Dorf getrieben wird, oder wenn wir bei der Zielgruppe in eine Nische gehen.