Hat die Caritas das Potenzial für eine Online-Community? Um die Antwort für die Ungeduldigen vorweg zu nehmen: Ja! Ich stelle sogar die These auf, dass die Caritas DIE Community für soziales Engagement in Deutschland sein kann. Offline ist sie das schon, warum sollte das nicht auch online funktionieren?
Die Voraussetzungen dafür sind bestens. Warum das so ist und wie diese Community aussehen könnte, möchte ich hier analog zu meinem Vortrag bei der Digital-Werkstatt erläutern.
Die Caritas hat alles was eine Community braucht
Erfolgreiche Communitys haben ein paar Gemeinsamkeiten:
- Einen klar definierten Bezugspunkt, der für Mitglieder den Sinn und Zweck der Community transparent macht.
- Die Community bietet die perfekte Umgebung, um den Mitgliedern die Umsetzung ihrer Motivation zu ermöglichen.
- Stetige Impulse durch Inhalte, die sowohl Anziehungspunkt, als auch Diskussionsgrundlage sind.
- Gutes Community-Management, das eine angenehme Atmosphäre für das Miteinander schafft.
- Einen Dialog auf Augenhöhe, sowohl unter den Mitgliedern, als auch zwischen Mitgliedern und Betreiber, und natürlich
- ausreichend Gestaltungsspielraum für die Mitglieder.
Überträgt man diesen Anforderungskatalog auf die Caritas, sind meiner Meinung nach die wesentlichen Punkte bereits in ihrer Kultur verankert und die restlichen Anforderungen lediglich eine Frage der Zeit und des Willens. Diese These stütze ich auf folgende Überlegungen zur konkreten Ausgestaltung einer möglichen Caritas-Community.
Wie könnte die Caritas-Community aussehen?
Die Caritas will soziale Dienstleisterin, Anwältin sozial Benachteiligter, Plattform für Engagierte und zivilgesellschaftliche Akteurin sein. Dieser Anspruch lässt sich nur durch den couragierten Einsatz vieler Menschen realisieren. Ihre Haltung und ihr Anliegen im Einsatz für eine gerechtere Welt könnte das verbindende Element einer Caritas-Community sein. Das Magazin „Sozialcourage“ bringt das ja seit Jahren sehr erfolgreich auf den Punkt.
Mit einer Entscheidung in diese Richtung wäre auch die Frage nach den inhaltlichen Impulsen auf eine elegante Art und Weise gelöst. Hier existieren bereits Inhalte (im Heft und im Web), die so einer größeren Zielgruppe zugänglich gemacht werden – ein Gewinn für beide Seiten.
Anschlussfähig für Menschen ohne Bezug zu Kirche
Entscheidend für den Erfolg einer Caritas-Community ist aus meiner Sicht, ob es ihr gelingt, den Geist der Caritas und die damit verbundenen Werte zu transportieren. Stellt sie das soziale Engagement – und nicht ihre Nähe zur katholischen Kirche – in den Mittelpunkt, dürfte sie anschlussfähig sein für eine wichtige Zielgruppe: die Menschen, die christlich sozialisiert wurden, sich aber nicht (mehr) mit der Kirche identifizieren. Nächstenliebe und soziales Engagement könnten als gemeinsame Nenner funktionieren. Auf dieser werteorientierten Basis würde die Caritas darüber hinaus sicher auch Menschen erreichen, denen sie bislang keine Andockmöglichkeiten bot. Ein Beispiel dafür, dass dieser Weg funktionieren kann, ist übrigens „Der digitale Ansturm der Freiwilligen“ über den hier berichtet wird.
Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die Diversität. Die müsste eine Caritas-Community bereits in ihrer Struktur widerspiegeln. Die Couragierten brauchen neben einem leichten Zugang zu regionalen Aktivitäten auch gemeinschaftsstiftende Aktionen auf Landes- und Bundesebene. Sie wollen online und offline aktiv werden, mit anderen diskutieren und Ideen für die Weiterentwicklung der Community einbringen. Dafür müssen von Beginn an Prozesse geschaffen werden.
Fluides Engagement ermöglichen
Eine Caritas-Community bietet auch die Chance, neue Formen des sozialen Engagements zu etablieren. Die youngcaritas macht es vor: Unterschiedliche Menschen kommen zu einem Projekt oder einer Aktion zusammen und bewegen gemeinsam etwas. Danach sucht sich jeder eine neue Aufgabe –im selben Team oder mit anderen Menschen. Dazu sollte es die Community-Plattform technisch ermöglichen, Mitglieder zu informieren, wenn ein neues Projekt in ihren Interessengebieten oder ihrer Region geplant ist. Mitglieder müssen selbst Initiativen starten können, andere Mitglieder dafür anfragen oder vorschlagen. So eine fluide Arbeitsweise würde neue Perspektiven für die Caritas eröffnen, alles mit dem Ziel Gutes zu tun.
Vivian Pein ist Autorin, Dozentin und freie Beraterin im Bereich digitale Kommunikation. Mit mehr als neun Jahren Erfahrung als Social Media und Community Managerin integriert sie Social Media ganzheitlich in Unternehmen und gibt ihr Wissen als Speakerin auf Konferenzen und in Workshops weiter. Mit dem Buch „Der Social Media Manager“ hat sie ein Standardwerk für den Berufsstand geschaffen. Darüber hinaus setzt Sie sich als 2. Vorsitzende des BVCM e.V. für die Professionalisierung der digitalen Berufsbilder ein.