Community Management im virtuellen Team

Echtes Teamwork machte die Aktion „Wählt Menschlichkeit“ zum Erfolg, mit der sich die Caritas auf Facebook in den Bundestagswahlkampf 2017 einmischte.

Das Anliegen war ambitioniert: Sechs Wochen lang wollten wir uns als Caritas Deutschland in die Diskussion einbringen. Deutlich machen, weshalb sich die Wahlentscheidung jedes und jeder Einzelnen vor allem am Wohl der Menschen und einem solidarischen Miteinander ausrichten sollte. Die Themen waren schnell definiert: Armut, Europa, Migration/Integration, soziale Gerechtigkeit und Bildung.

Was bei den Planungen im Frühjahr 2017 noch fehlte, war ein Social-Media-Team, das die zu erwartende Kommentarflut bearbeiten sollte. Bereits bei der Aktion „Werde Türöffner” im November 2016 sowie beim Flüchtlingsvideo im Oktober 2015 hatten wir erlebt, dass die Onliner in der Bundeszentrale der Caritas auf Unterstützung aus dem Verband angewiesen waren. Deshalb fiel die Entscheidung, dass für die Aktion „Wählt Menschlichkeit” ein virtuelles Community-Team gegründet werden sollte.

Analoger Aufruf zur digitalen Mitarbeit

Um mindestens 50 hauptberufliche Caritas-Mitarbeiter(innen) für das Community-Management zu gewinnen, warben wir mit einem Flyer bei Veranstaltungen, Fachtagen und Bundesfachkonferenzen sowie in der Fachzeitschrift neue caritas. Darüber hinaus setzten wir auf die Bewerbung in diversen Facebookgruppen, im CariNet, dem Extranet des Verbandes, sowie in unserem Digitalblog.

Wer mitmachen wollte, sollte

  • eine Affinität zu Facebook und sozialen Medien haben,
  • eine intrinsische Motivation für die Aufgabe mitbringen,
  • (unbezahlt) mindestens drei Dienste à zwei Stunden übernehmen (auch spätabends und am Wochenende) sowie
  • selbstbewusst sein, im Namen der Caritas die Kommentare von Nutzer(inne)n zu beantworten.

Die Resonanz auf unseren Aufruf war sehr gut: Beim Start der Aktion am 16. August 2017 hatten sich 73 Personen aus Bundes-, Diözesan- und Ortsebene der Caritas in den Online-Dienstplan zum Community-Management eingetragen. Neben zahlreichen Öffentlichkeitsarbeiter(inne)n waren auch viele Caritas-Fachleute aus den Bereichen Jugendsozialarbeit, Migration & Integration sowie Mitarbeiter(innen) von Fachverbänden und Trägern dabei.

Vereinter Einsatz gegen Hass und Hetze

Ausschnitt aus dem Online-Dienstplan zur Aktion „Wählt Menschlichkeit”.

Aus dem Team der Freiwilligen hatten wenige Erfahrung mit dem Dialog auf Facebook. Deshalb setzten wir in Stufe zwei der Aktionsvorbereitung ein kleines Fortbildungsprogramm um: Alle Teamer(innen) konnten kostenlos an einem Webinar zum Umgang mit Hetze in sozialen Netzwerken teilnehmen, das die Caritas-Initiative in Kooperation mit der Amadeo-Antonio-Stiftung anbot. Wir informierten die Freiwilligen kontinuierlich per E-Mail über den Planungsstand der Aktion, tauschten uns in einer geschlossenen Facebook-Gruppe aus und stellten ausführliche Anleitungen und Tutorials zur Bedienung unseres Social Media Management Tools und zum inhaltlichen Umgang mit Kommentaren online. Darüber hinaus setzten wir auf Crowdsourcing-Elemente: Sowohl beim Online-Dokument mit Antwortbausteinen als auch bei den FAQs für das Facebook-Team hatten alle freiwilligen Helfer(innen) Zugang und Schreibberechtigung. Für den Support, Probleme und besonders brenzlige Fälle richteten wir zudem eine Hotline ein, unter der rund um die Uhr jemand aus dem Kernteam des Deutschen Caritasverbandes erreichbar war.

5.000 Kommentare – und kaum einer blieb unerwidert 

Mit rund 40 Postings erreichten wir im sechswöchigen Aktionszeitraum auf Facebook mehr als zwei Millionen Menschen. Mehr als 7.800 Kommentare gingen ein, 4.000 Mal wurden unsere Beiträge geteilt, 16.400 Likes erreichten uns und 20.000 Menschen besuchten die Aktionswebseite www.waehltmenschlichkeit.de.

Hinter diesen Zahlen steckte viel Arbeit für das Community-Management. Vor allem auch deshalb, weil viele Kommentare voller Hass, Beleidigungen oder falscher Behauptungen waren.  Für Neulinge im Community-Management war das zum Teil eine schwer verdauliche Kost. Hinzu kam, dass sich einige Diskussionsstränge lang hinzogen und thematisch immer wieder abschweiften. Wenig verwunderlich, dass im Laufe der Aktion die Facebook-Gruppe immer häufiger als virtueller Besprechungsraum genutzt wurde, in dem kollegiale Beratungen stattfanden. Deshalb wurde die Support-Hotline auch nur einmal außerhalb unserer Kernarbeitszeiten in Anspruch genommen.

Damit das Community-Management nicht aus dem Ruder läuft: Dank des Social Media Management Tools SocialHub behielten die Redakteure den Überblick.

Um den Überblick zu behalten und zu gewährleisten, dass die Community-Manager(innen) auch auf alle Kommentare reagieren konnten, nutzten wir im 15-stündigen Schichtdienst das Social Media Management Tool SocialHub mit einer erweiterten Lizenz. Besonders hilfreich dabei war, dass man die Freiwilligen heikle Kommentare im SocialHub mit einer Notiz versehen ans Kernteam zuweisen konnten. Das entlastete vor allem die Neulinge, die noch nie eine Facebookseite moderiert oder administriert hatten. Dem Orga-Team standen darüber hinaus pro Themenfeld ein oder zwei Fachleute auf Bundesebene zur Verfügung, die spezielle Anfragen beantworten konnten.

Die Zukunft gehört den virtuellen Teams

Wie viele Menschen die Aktion in ihrer Wahlentscheidung beeinflusst hat, lässt sich nicht messen. Sie hat auf jeden Fall gezeigt, dass der Dialog mit Menschen über soziale Medien ein wichtiger Teil unseres Selbstverständnisses als Mitgestalter der Sozial- und Gesellschaftspolitik in Deutschland sein kann. Außerdem ist es uns mit der Aktion erstmals gelungen, die bereits im Jahr 2014 entwickelte Idee von „virtuellen Teams, die über fachliche, regionale, hierarchische und verbandliche Ebenen hinweg laufen“ in größerem Stil erfolgreich umzusetzen. Das über SurveyMonkey eingesammelte Feedback bei den freiwilligen Community-Teamer(inne)n deutet darauf hin, dass das auch nicht das letzte Mal gewesen sein muss: 92 Prozent stimmten der Aussage zu, dass sie bei einer vergleichbaren Aktion auf jeden Fall oder wahrscheinlich wieder mitmachen würden.

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